Nicht nur grauenvoll lustig, sondern auch spannend wie ein Krimi. (St. Galler Tagblatt)
Weshalb schreibt Dragomán aus der Perspektive eines Kindes? «Weil man an der Kinderwelt am besten ablesen kann, wie eine Diktatur funktioniert», sagt er. Kinder sind «noch stärker ausgeliefert, weil sie in ihrem kindlichen Übermut rebellieren». So muss Dzsátá ganz allmählich verstehen lernen, was hinter dem täglichen Terror steckt. Dass er dabei nie seine Vitalität verliert, ist bewundernswert. Er bäumt sich auf, geht mit seinen Freunden frech und neugierig auf die Spur des Verborgenen bis in die unterirdischen Gänge zum Vorführraum der Filmzensur, um einen Blick auf die verbotenen amerikanischen Filme zu erhaschen. Solche Szenen sind nicht nur grauenvoll lustig, sondern auch spannend wie ein Krimi. (…)
Ähnlich wäre das auch anderswo in Osteuropa möglich gewesen, nicht nur in Ceausescus Rumänien der Achtzigerjahre. Man denkt sogar an Imre Kertész’ «Roman eines Schicksallosen». Aber György Dragománs Spektrum ist breiter: Er zeigt die Repression durch mehrere Gesellschaftsschichten hindurch, von der «Unterwelt» der Strassenarbeiter, welche die fussballspielenden Kinder zwingen, eine unbrauchbare Grube durch ihr Spielfeld zu graben, bis zur «Überwelt» des Grossvaters, der seiner Schwiegertochter, die er eine «jüdische Schlampe» nennt, jede Hilfe verweigert, obwohl er ein pensionierter Parteisekretär ist. Dieser ungarische Junge erfährt in Ceausescus Regime auf kafkaeske Weise das Ausgeliefertsein.
Erika Achermann, St. Galler Tagblatt – zum Artikel